Die Menschheit hat seit der Industriellen Revolution gigantische Mengen Kohlenstoff in Form von Öl, Kohle oder Erdgas gefördert und verbrannt. Die dabei freigesetzten Treibhausgase verändern das Leben der Menschen weltweit in dramatischer Weise. Wetterextreme und ihre Auswirkungen wie Dürren, Überflutungen oder Waldbrände nehmen seit Jahren zu. Sie zerstören Existenzgrundlagen, bedrohen die Gesundheit und das Leben der Menschen. Die Weltgemeinschaft ist sich einig: Die globale Erwärmung muss auf unter zwei Grad Celsius gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung begrenzt werden. Deshalb haben Länder wie Deutschland Ziele und Schritte formuliert, wie sie Emission von Treibhausgasen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten reduzieren wollen. Und in der Tat gibt es Fortschritte. Die Emissionen sinken – aber viel zu langsam.

Klima-Expert:innen sind sich einig: Die CO₂-Emissionen (weiter) zu reduzieren, reicht nicht. Wir müssen es schaffen, enorme Mengen Treibhausgase aus der Atmosphäre zu entfernen und so Emissionen der Vergangenheit rückgängig zu machen. Innovator:innen aus aller Welt haben bereits gezeigt, dass das technisch-methodisch möglich ist. Diese Methoden sind aber immens teuer, oft selber sehr energieintensiv und nur begrenzt skalierbar.

Wir haben deshalb Anfang 2022 zu dieser zukunftsrelevanten Challenge eingeladen – um im Kampf gegen den Klimawandel eine Lösung zu entwickeln, die CO₂ langfristig aus der Atmosphäre entfernt, skalierbar ist und in einem wirtschaftlichen Geschäftsmodell umgesetzt werden kann.

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Die Herausforderung: Große Mengen CO₂ langanhaltend der Atmosphäre entziehen und wirtschaftlich in Produkten binden.

Auf welchem Weg unsere Challenge-Teams dieses Ziel erreichen, auf welcher technologischen Grundlage das CO₂ der Atmosphäre entnommen wird, bestimmen sie selbst: ob via Direct Air Capture, Bioenergie mit CO₂-Abscheidung, Verarbeitung organischer Stoffe oder ähnliches. Sie demonstrieren, wie sie das CO₂ der Atmosphäre in Rohstoffe oder Produkte verwandeln, die den Kohlenstoff über Jahrzehnte binden; und wie ihre Lösung den gesamten Prozess von der CO₂-Abscheidung bis hin zum produzierten Rohstoff oder Produkt wirtschaftlich macht und zudem skalierbar ist.

Um den CO₂ Gehalt der Atmosphäre in der Zukunft zu stabilisieren und schließlich zu senken, braucht es Sprunginnovationen in unterschiedlichsten Gebieten. Sonst droht, dass wir unsere Klimaziele verfehlen. Die SPRIND Challenge bietet eine großartige Chance für einen Durchbruch.

Carlos Härtel, Chief Technology Officer, Climeworks

Carlos Härtel, Chief Technology Officer, Climeworks Challenge Officer

Uns ist klar: Teams, die an dieser Challenge teilnehmen, sind voll und ganz gefordert. Wir, die SPRIND, begleiten und fördern deshalb intensiv und individuell. Dazu gehört die finanzielle Unterstützung genauso wie eine individuelle Betreuung durch eine:n Challenge Coach:in, der:die einschlägige Erfahrung im Challenge-Bereich hat und selbst schon Innovationen mit hohem Impact umgesetzt hat.

Im ersten Jahr der Challenge finanziert die SPRIND die Arbeit der Teams mit bis zu 600.000 Euro. Im weiteren Verlauf der Challenge kann diese Finanzierung höher ausfallen. Damit sich die Teams voll und ganz auf ihre Innovationen konzentrieren können, finanzieren wir schnell und unbürokratisch. Am Ende der ersten Stufe der Challenge entscheidet die Jury auf der Grundlage von Zwischenevaluationen darüber, welche Teams weiter an der Challenge teilnehmen werden. Als Finalist:innen bekommen diese Teams die Gelegenheit, ihren Durchbruch umfassend zu demonstrieren.

Noch einen Schritt weiter gedacht: Ideen mit dem Potential für eine Sprunginnovation müssen in den Markt gebracht werden, um uns allen zugutezukommen. Deswegen unterstützt die SPRIND Projekte mit Sprunginnovationspotential auch nach Ende der Challenge weiter.

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Nach monatelanger intensiver Zusammenarbeit und zahlreichen Experimenten wurden die drei Teams im September 2024 von der Expertenjury zu gemeinsamen Gewinnern der Carbon-to-Value Challenge erklärt. Jedes Team konnte bedeutende Fortschritte bei seiner einzigartigen Technologie zur Kohlenstoffbindung nachweisen. Obwohl die Ansätze unterschiedlich waren - von der Schaffung kohlenstoffnegativer Baumaterialien und Algenfarmen bis hin zur Umwandlung von CO₂ in Kohlenwasserstoffe - haben alle drei Teams Wege aufgezeigt, wie Klimalösungen sowohl technologisch als auch finanziell realisierbar werden können.

Science-Youtuber Jacob Beautemps stellt bei Breaking Lab die fünf Teams der ersten Stufe der Challenge vor

Breaking Lab Carbon-to-value

Unsere Jury aus Wissenschaftler:innen, Science Entrepreneurs und Investor:innen hat die Teams ausgewählt, die das Zeug dazu haben, Sprunginnovationen umzusetzen.

Mark Hartney

Mark Hartney

Anne Lamp

Anne Lamp

Carlos Härtel

Carlos Härtel

Henrik Pontzen

Henrik Pontzen

Richard Templer

Richard Templer

Die SPRIND unterstützt alle Teams darin das Ziel der Challenge zu erreichen. Dazu gehört, dass die SPRIND die Arbeit der Teams von Beginn der Challenge finanziert. Darüber hinaus stellen wir allen Teams eine:n Coach:in zur Seite, der:die umfassende Erfahrung in der Umsetzung von bahnbrechenden Innovationen hat. Aus dieser Erfahrung heraus unterstützt der:die Coach:in die Teams zum Beispiel in der Planung der Arbeitspakete und Experimente, oder in die Vernetzung mit Kollaborationspartner:innen oder Unterauftragnehmer:innen. Darüber hinaus nutzt die SPRIND ihr Netzwerk, um die Umsetzung von Sprunginnovationen zu befördern.

Die SPRIND finanziert die Arbeit der Teams in einem vordefinierten Rahmen.

Die Finanzierung erfolgt als individueller Festpreis auf Basis einer vorkommerziellen Auftragsvergabe. In Stufe 1 finanziert die SPRIND bis zu 600.000 Euro pro Team. Die Teams nennen ihren Angebotspreis für Stufe 1 in ihrer Bewerbung zur Challenge. Den Angebotspreis für Stufe 2 geben die Teams in ihren Bewerbungen für die Stufen 2 an. Der Höchstbetrag für die Finanzierung dieser Folgestufe kann höher ausfallen als die Finanzierung in Stufe 1. Die Zahlungen folgen den in der Teilnahmevereinbarung definierten Zahlungsplänen. Eine Abrechnung zum Ende einer jeden Stufe erfolgt nicht. Das kalkulatorische Risiko trägt das Team.

Alle Ausgaben, die der Erreichung des Challenge Ziels dienen, können mit den Mitteln der SPRIND finanziert werden. Dazu können zum Beispiel Personalkosten, Geräte und Materialien oder Miete von Laborflächen gehören.

Die Rechte am geistigen Eigentum, das während der Challenge durch die Teams geschaffen wird, verbleiben bei den Teams. Die SPRIND erhält ein unentgeltliches und nicht-exklusives Nutzungsrecht an den gefundenen Ergebnissen. Die Teams verpflichten sich, Lizenzen gegenüber Dritten zu marktüblichen Bedingungen einzuräumen. Details können der Teilnahmevereinbarung entnommen werden.

Die SPRIND ist entschlossen, Innovator:innen darin zu unterstützen Sprunginnovationen umzusetzen. Falls die SPRIND während der Challenge Sprunginnovationspotenzial in den Teams identifiziert, kann deren Arbeit auch nach Abschluss der Challenge weiter unterstützt werden.

Nein, eine Bewerbung für diese Challenge ist nicht mehr möglich. Wenn Sie an Lösungen für Carbon Dioxide Removal mit Sprunginnovationspotenzial arbeiten, sprechen Sie uns gerne an oder stellen Sie einen Projektantrag über das Einreichungsformular unseres themenoffenen Programms.

Ein Expertenteam der SPRIND trifft eine Vorauswahl aus den eingegangenen Bewerbungen. Alle weiteren fachlichen Entscheidungen nimmt die Jury vor.

Die Challenge hat eine Laufzeit von insgesamt 2,5 Jahren. Dabei findet nach Ende der einjährigen Stufe 1 der Challenge eine weitere Auswahlrunde statt, in der sich herausstellt, welche der Challenge Teams auch in Stufe 2 der Challenge durch die SPRIND finanziert werden.

Alle Challenge Teams sind im Verlauf der Challenge in einem engen Austausch mit der SPRIND und dem Coaching Team. Dadurch wird ein zielgerichteter Innovationsprozess sichergestellt, in dem aufkommende Herausforderungen frühzeitig identifiziert und adressiert werden können. Darüberhinaus sind keine detaillierten Aufstellungen zur Verwendungen der Finanzierung erforderlich.

Haben Sie Fragen zur Challenge? Schreiben Sie uns unter challenge@sprind.org.

Jano Costard
Jano Costard, Challenge Officer

MITTEN AUF DEM MEER

Wie MacroCarbon Algen in Bio­plastik und Benzin verwandelt

das Meer und eine Algenfarm
Auf Gran Canaria, im Hafen von Las Palmas, befindet sich unsere erste Aquafarm. Auf 2.000 Quadratmetern züchten wir hier Algen, vor allem die Algenart Sargassum, aber auch andere lokale Algen, die sich natürlicherweise hier befinden, sagt Fernández-Méndez stolz. Der Vorteil von Sargassum: Die Braunalge bindet nicht nur viel CO₂, sondern kann sich schnell und vor allem frei treibend auf dem Meer ausbreiten.

Die Algenanlage kann man sich als großen Algenteppich vorstellen, der auf der Wasseroberfläche wächst und von einer großen Barriere in Form eines Schwimmrings umgeben ist. Ein wichtiger Teil unserer Ingenieurarbeit besteht darin, verschiedene Wellenbedingungen zu betrachten, um sicherzustellen, dass sich die Algen nicht außerhalb der Barriere ausbreiten. Außerdem werden die Algen sowohl unter Wasser regelmäßig untersucht und über Wasser mit Drohnen beobachtet.
Grüne Algen werden aus einem Wasserbecken gesammelt
Unsere Welt verändert sich. Die Auswirkungen der Klimakrise hat die Meeresmikrobiologin Dr. Mar Fernández-Méndez mit eigenen Augen gesehen. Nach meiner Promotion war ich jedes Jahr als Wissenschaftlerin für das Alfred-Wegener-Institut in der Arktis, erzählt sie. Bei einer Expedition befanden wir uns laut Google Maps bereits auf einem Gletscher, aber tatsächlich war der Gletscher noch drei Kilometer entfernt. Für Fernández-Méndez ein Weckruf. Ich kann keine normale Forschung mehr machen und einfach nur zuschauen, wie die Arktis schmilzt. Ich muss etwas tun.

Zusammen mit ihrem Co-Founder Jason Cole gründete sie das Unternehmen MacroCarbon. Gemeinsam wollen sie mithilfe von Algen das globale CO₂-Problem angehen. Algen speichern während ihres Wachstums CO₂ – viel effizienter als Bäume. Die Mission von MacroCarbon: Möglichst viele Algen züchten und das von den Algen gespeicherte CO₂ wirtschaftlich für CO₂-negative Produkte nutzen.
Ein Teammitglied holt die geernteten Braunalgen aus einem Eimer

Wenn man jede Woche etwa fünf Prozent der Biomasse erntet, dann wächst die Biomasse innerhalb einer Woche wieder auf 100 Prozent an - Mar Fernández-Méndez

Mit einem Schiff, das ein Förderband ins Wasser senkt, werden die Algen langsam aus dem Meer geholt. Fische und andere Meeresbewohner werden nicht mitgefangen: Sie können von dem sehr langsamen Förderband zurück ins Wasser springen.

Die nassen Algen können je nach Verfahren zunächst getrocknet oder auch nass weiterverarbeitet werden. Entscheidend ist die anschließende Weiterverarbeitung: Wir setzen eine Hochtemperatur-Vakuum-Pyrolyse ein. Das heißt, die Algen werden stark erhitzt, aber ohne Sauerstoff, es ist also keine Verbrennung, erklärt Fernández-Méndez. Dabei entstehen zwei Produkte: Biokohle und ein Gas. Das Gas wird direkt für eine Fischer-Tropsch-Synthese verwendet. Mögliche Endprodukte sind Bio-Naphtha, nachhaltiges Flugbenzin und Biodiesel für die Schifffahrt.
Eine Flasche mit der Aufschrift BioNaphtha und daneben liegen Braunalgen
Die nächste Aquafarm mit 40.000 Quadratmetern ist bereits in Planung. Und das Ziel ist klar: MacroCarbon will mit seinen Algenfarmen weit hinaus aufs Meer. Dort könnten die Aquafarmen noch größer werden. Das größte Problem: die Genehmigungen.

In internationalen Gewässern gibt es viele Regulierungen, die Schiffe betreffen. Doch unsere Barrieren sind keine Schiffe, sagt Fernández-Méndez, also müssen wir schauen, wie unsere Barrieren überhaupt kategorisiert werden können. Fernández-Méndez ist sich sicher, dass sie eine Lösung finden wird. Ich bin eine unerschütterliche Optimistin. Auch wenn es manchmal frustrierende Momente gibt, stehe ich immer wieder auf. Fernández-Méndez' Leidenschaft treibt nicht nur sie, sondern auch das ganze Team an. Als Einzelperson kann man es nicht schaffen. Die Erfolgsgeschichte von MacroCarbon ist nicht die Geschichte einer Einzelnen, sondern die Geschichte einer Gruppe von Menschen, die etwas verändern wollen.
In einem Regal im Labor stehen verschiedene Gefäße mit Flüssigkeiten und Algen
Naphtha ist ein wichtiger Rohstoff für die chemische Industrie, der zu langlebigen Kunststoffprodukten weiterverarbeitet werden kann. Wenn über Bioplastik gesprochen wird, denken viele sofort an biologisch abbaubare Kunststoffe. Das ist bei unseren Produkten nicht der Fall. Wir wandeln Algen in Naphtha um, es handelt sich daher um Bio-Naphtha, aber unser Produkt hat genau die gleichen Eigenschaften wie normales Naphtha und ist nicht biologisch abbaubar, stellt Fernández-Méndez klar. So kann das CO₂ langfristig gespeichert werden.

Wird jedoch das Flugbenzin oder der Biodiesel für die Schifffahrt eingesetzt, wird das von den Algen gespeicherte CO₂ wieder freigesetzt. Sind diese Produkte also nur CO₂-neutral und nicht CO₂-negativ? Da wir immer auch Biokohle herstellen, sind auch die Produkte, die wieder verbrannt werden, zu einem gewissen Prozentsatz CO₂-negativ, sagt Fernández-Méndez. Wir binden also immer mehr CO₂, als freigegeben wird. Die Biokohle kann zusätzlich wirtschaftlich genutzt werden, zum Beispiel als Ersatzstoff in der Zementherstellung.
Die Meeresmikrobiologin kann mit ihren Algen nicht nur einen Beitrag zur Lösung der Klimakrise leisten, sondern auch ein anderes Problem verbessern: Die CO₂-Aufnahme der Algen wirkt sich bereits direkt im Meer aus: Die Ozeanversauerung ist in der Nähe unserer Farmen geringer, wir haben mehr Sauerstoff im Wasser, und durch die Algen nimmt auch die Artenvielfalt zu, erklärt Fernández-Méndez. Fische, Krebse und viele andere Tiere bauen sich zwischen den Algen ein Zuhause.
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