Um im Kampf gegen den Klimawandel seinen Beitrag zu leisten, muss Deutschland bis 2045 klimaneutral werden und die Energieversorgung aus ausschließlich erneuerbaren Energien sicherstellen. Der Handlungsdruck hat sich zudem in Folge des Ukrainekriegs erhöht, denn Gas hat als Übergangstechnologie an Attraktivität verloren und – und Deutschlands Unabhängigkeit bei der Energieversorgung massiv an Bedeutung gewonnen. Angesichts dieser neuen existenziellen Bedrohungen, den immer häufiger werdenden Naturkatastrophen und Extremwetterereignissen muss der Anteil der erneuerbaren Energien in den kommenden zwei Jahrzehnten stark ansteigen. Gleichzeitig sollen die grundlastfähigen Atom- und Kohlekraftwerke bis 2038 vollständig vom Netz genommen und durch Wind- und Solarkraft ersetzt werden.

Dabei stellen lange Perioden ohne nennenswertes Solar- und Windenergiepotential eine besondere Herausforderung dar, sogenannte Dunkelflauten. Während andauernder Dunkelflauten liegt die Leistung von Wind- und Solarkraft nur bei einem Bruchteil der üblichen Durchschnittsleistung, sodass der Energiebedarf auch mithilfe von Lastmanagement und Kurzzeitspeichern nicht abgedeckt werden kann. In Deutschland treten mehrere solcher Flauten mit einer Länge von über 48 Stunden pro Jahr auf, im Einzelfall können sie sich aber auch über bis zu zehn Tage hinziehen. In diesen Zeiträumen spielen langfristige Energiespeicher, also Energiespeicher mit einer Speicherdauer von mindestens zehn Stunden, eine essenzielle Rolle um die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten. Zudem strecken sich meist durch den Winter lange Perioden, in denen in Zukunft die Energieerzeugung hinter dem Energiebedarf zurückbleibt

Langfristige Energiespeicher sind ein zentraler Baustein für die Energieautonomie und die Erreichung der Klimaziele, parallel auch ein heranwachsender Multi-Milliarden-Markt, der allerdings mit den aktuell marktreifen Technologien nur unzureichend bedient werden kann.

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Die Herausforderung: Energie speichern und Strom für mehr als zehn Stunden effizient bereitstellen, ohne kritische Rohstoffe zu verwenden.

In der Challenge sollen sprunginnovative technologische Ansätze identifiziert werden, die eine langfristige, effiziente und kostengünstige Energiespeicherung ermöglichen. Wesentlich dabei sind die Rohstoff- und Systemkosten, die Selbstentladung, der Wirkungsgrad der Speicherung, die Lebensdauer, die Energiedichte und die technische und ökonomische Skalierbarkeit der Projektidee.

Energy Storage

Teams, die an dieser Challenge teilnehmen, sind voll und ganz gefordert. Die SPRIND unterstützt deshalb intensiv und individuell. Dazu gehört die Finanzierung der Teams mit bis zu 1 Mio. € in Stufe 1 und bis zu 3 Mio. € in der finalen Stufe 2 der Challenge. Um den Teams zu helfen, ihr volles Potential zu entfalten, stellt die SPRIND den Teams neben finanzieller Unterstützung eine:n Coach:in zur Seite, der:die die Arbeit eines jeden Teams begleitet, sie berät und vernetzt.

Damit sich die Teams voll und ganz auf ihre Innovationen konzentrieren können, finanzieren wir schnell und unbürokratisch. Am Ende der ersten Stufe der Challenge, nach einem Jahr, entscheidet die Jury auf der Grundlage von Zwischenevaluationen darüber, welche Teams weiter an der Challenge teilnehmen werden. Als Finalist:innen bekommen diese Teams die Gelegenheit, ihr Projekt weitere anderthalb Jahre voranzutreiben und ihren Durchbruch umfassend zu demonstrieren.

Noch einen Schritt weiter gedacht: Ideen mit dem Potential für eine Sprunginnovation müssen in den Markt gebracht werden, um uns allen zugutezukommen – aussichtsreiche Projekte können deshalb auch nach Ende der Challenge weiter durch die SPRIND unterstützt werden.

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Im November 2023 hat die Expertenjury im Auftrag der SPRIND die Teilnehmer für die zweite und letzte Stufe der Challenge Long-Duration Energy Storage ausgewählt. Für die nächsten 18 Monate erhalten die vier Teams jeweils bis zu 3 Millionen Euro für die 
Weiterentwicklung ihrer Technologie zur langfristigen Stromspeicherung.

Science-Youtuber Jacob Beautemps von Breaking Lab war beim Challenge Team Unbound Potential vor Ort.

Breaking Lab stellt Unbound Potential vor

Die Jury

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Gitanjali DasGupta

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Sebastian Scholz

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Anna Grevé

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Pasquale Salza

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Pilar Gonzalez

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Nick de la Forge

Die SPRIND unterstützt alle Teams darin das Ziel der Challenge zu erreichen. Dazu gehört, dass die SPRIND die Arbeit der Teams von Beginn der Challenge finanziert. Darüber hinaus stellen wir allen Teams eine:n Coach:in zur Seite, der:die umfassende Erfahrung in der Umsetzung von bahnbrechenden Innovationen hat. Aus dieser Erfahrung heraus unterstützt der:die Coach:in die Teams zum Beispiel in der Planung der Arbeitspakete und Experimente, oder in der Vernetzung mit Kollaborationspartner:innen oder Unterauftragnehmer:innen. Darüber hinaus nutzt die SPRIND ihr Netzwerk, um die Umsetzung von Sprunginnovationen zu befördern.

Alle Ausgaben, die der Erreichung des Challenge Ziels dienen, können mit den Mitteln der SPRIND finanziert werden. Dazu können zum Beispiel Personalkosten, Geräte und Materialien oder Miete von Laborflächen gehören.

Die Rechte am geistigen Eigentum, das während der Challenge durch die Teams geschaffen wird, verbleiben bei den Teams. Die SPRIND erhält ein unentgeltliches und nicht-exklusives Nutzungsrecht an den gefundenen Ergebnissen. Die Teams verpflichten sich, Lizenzen gegenüber Dritten zu marktüblichen Bedingungen einzuräumen. Details können der Teilnahmevereinbarung entnommen werden.

Die SPRIND ist entschlossen, Innovator:innen darin zu unterstützen Sprunginnovationen umzusetzen. Falls die SPRIND während der Challenge Sprunginnovationspotential in den Teams identifiziert, kann deren Arbeit auch nach Abschluss der Challenge weiter unterstützt werden.

Die Bewerbungsfrist endet am 16. Oktober 2022 um Mitternacht MEZ.

Ein Expertenteam der SPRIND trifft eine Vorauswahl aus den eingegangenen Bewerbungen. Die finale Entscheidung zur Zulassung zur Challenge wird auf Grundlage der Bewerbung und des Pitches von einer Jury getroffen. Der Pitch soll im Rahmen der Auswahltagung im Winter 2022 in Leipzig stattfinden.

Die Challenge hat eine Laufzeit von insgesamt 2,5 Jahren. Dabei findet nach Ende der einjährigen Stufe 1 der Challenge eine weitere Auswahlrunde statt, in der sich herausstellt, welche der Challenge Teams auch in Stufe 2 der Challenge durch die SPRIND finanziert werden.

Bewerbungen sind ab dem 30. August 2022 ausschließlich über das Online-Bewerbungsformular möglich. Die Bewerbung erfolgt ausschließlich in englischer Sprache.

Alle Challenge Teams sind im Verlauf der Challenge in einem engen Austausch mit der SPRIND und dem Coaching Team. Dadurch wird ein zielgerichteter Innovationsprozess sichergestellt, in dem aufkommende Herausforderungen frühzeitig identifiziert und adressiert werden können. Darüber hinaus sind keine detaillierten Aufstellungen zur Verwendungen der Finanzierung erforderlich.

Es können sowohl Einzelteilnehmer:innen als auch Teams teilnehmen. Bewerben können sich Teams in allen Rechtsformen wie Universitäten, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, etablierten Unternehmen, Start-ups und Inkubatoren, auch ein Verbund aus mehreren Entitäten ist möglich.

Teilnehmer:innen und Teams sind antragsberechtigt, wenn sie ihren Hauptsitz in der Europäischen Union, in der Europäischen Freihandelszone (EFTA), dem Vereinigten Königreich oder Israel haben. Einzelne Teammitglieder oder Kooperationspartner können ihren Sitz außerhalb dieser Region haben.

Haben Sie Fragen zur Challenge? Schreiben Sie uns unter challenge@sprind.org.

Jano Costard
Jano Costard, Challenge Officer

DER ENERGIEWANDLER

Wie Reverion aus Wasserstoff Energie gewinnt

Die neue Energiewelt ist binär, sagt Felix Fischer: Es gibt entweder einen Stromüberschuss oder einen Strommangel. Scheint die Sonne, sinken die Strompreise, scheint sie nicht, steigen die Preise an und die schnelle Bereitstellung von gespeicherter Energie wird immer wichtiger.
Reverion
Reverion
Reverion arbeitet deshalb an einem System, das in weniger als einer Minute vom Energiespeicher zum Energielieferanten wird. Dazu nutzt die Firma eine keramische Brennstoffzelle, die bei sehr hohen Temperaturen arbeitet. Immer wenn Strom günstig zur Verfügung steht, wird die Festoxid-Zelle als Elektrolyseur betrieben und produziert Wasserstoff, erklärt Fischer, COO von Reverion. Aber – und das ist das Schöne – auf Knopfdruck kann dasselbe System den Wasserstoff wieder aufnehmen und daraus erneut Strom erzeugen.

Der Clou: Anders als bei Batterien ist eine Entkopplung von Speicherleistung und Speicherdauer möglich. Wir verwenden einen Energiewandler und einen davon unabhängigen Gasspeicher, erklärt Fischer. Im Extremfall heißt das: Weht beispielsweise zwei Wochen lang ununterbrochen Wind, produziert Reverion zwei Wochen lang Wasserstoff. Andere Batterien wären schon nach wenigen Stunden voll, aber wir können ohne physikalische Begrenzung weiter Wasserstoff produzieren.
Der Energiewandler des Systems, die keramische Brennstoffzelle, befindet sich in einem Container. In einem separaten Aggregat kann der Wasserstoff verdichtet oder verflüssigt werden. Dadurch hat man eine hohe Energiedichte. Man braucht also relativ wenig Platz, um viel Energie zu speichern, erklärt Fischer. Der Wasserstoff kann direkt vor Ort gespeichert werden, es ist aber auch möglich, die Anlage an das Erdgasnetz anzuschließen. So kann der Wasserstoff in großen Mengen abtransportiert und zum Beispiel direkt in der Industrie genutzt werden – oder an einem anderen Ort durch Reverion wieder in Strom umgewandelt werden.
Reverion
Die Möglichkeit, schnell zwischen dem Speichermodus und dem Stromerzeugungsmodus umschalten zu können, ist nicht nur praktisch, sondern auch wesentlich energieeffizienter als zwei getrennte Systeme. Hätte man zwei verschiedene ‘Stand-alone-Lösungen’, einen Elektrolyseur und eine Brennstoffzelleneinheit, dann bräuchte der Elektrolyseur immer eine Hochlauflaufphase. Er muss erst warm werden. Das dauert bei einer Hochtemperaturelektrolyse sehr lange, bei einem Kaltstart würde man stundenlang warten, sagt der 36-Jährige. Und auch Brennstoffzellen brauchen eine gewisse Anlaufzeit. Da bei uns alle Komponenten immer in Betrieb sind, haben wir dieses Problem nicht. Beim Umschalten müssen nur die Gaswege gespült und zwei, drei Ventile umgestellt werden. Elektrisch erfolgt die Umschaltung in Millisekunden, erzählt Fischer.
Reverion
Kein Wunder, dass es bereits einige Interessenten gibt. Neben Solar- und Windparks interessieren sich auch Brauereien für die Anlage von Reverion. Für Reverion ein perfekter Anwendungsfall. Denn Brauereien, die eine Solaranlage auf dem Dach haben und am Wochenende nicht produzieren, können mit dem Reverion-System das Sonnenlicht am Wochenende speichern und den Strom am Montagmorgen, wenn es noch dunkel ist, selbst nutzen. Würden die Brauereien den Strom stattdessen am Wochenende ins Netz einspeisen, wäre er kaum etwas wert.
Reverion
Ich wollte nie ein Unternehmen gründen, weil ich Gründer sein wollte, sondern weil ich mit der Zeit, die mir zur Verfügung steht, etwas Sinnvolles, etwas Sinnstiftendes tun wollte. Das ist meine intrinsische Motivation, macht Fischer klar und sagt über sein Team: Was uns auszeichnet, ist, dass wir leidenschaftlich dafür brennen, technische Lösungen für ein extrem akutes Problem zu finden.
Reverion

Ich wollte nie gründen, weil ich Gründer sein wollte, sondern weil ich mit der Zeit, die mir zur Verfügung steht, etwas Sinnstiftendes tun wollte.

Reverion
Das Erfolgsgeheimnis: Reverion legt großen Wert auf die Wärmeintegration. Abwärme wird immer sinnvoll genutzt: Dadurch wird auch der Wirkungsgrad bei der Elektrolyse noch einmal gesteigert. Eine weitere Innovation verbirgt sich in der Stromerzeugung. Die Verstromung von Wasserstoff ist technisch relativ einfach, aber normalerweise nicht sehr effizient, berichtet Fischer und fährt geheimnisvoll fort: Wir haben einen Hebel gefunden, wie man das ändern kann.

Die Kombination der Technologien, die wir entdeckt haben, sorgt dafür, dass wir einen Roundtrip-Wirkungsgrad, also von Strom zurück zu Strom, von 75 Prozent haben, sagt Fischer und räumt ein: Wir können Energie nicht verlustfrei speichern, aber unsere Energieverluste bei der Um- und Rückwandlung von Strom in Wasserstoff sind geringer als so ziemlich alles, was bisher erreicht wurde.
Reverion
Bereits Ende 2024 soll die erste 100-Kilowatt-Anlage im Dauerbetrieb getestet werden. Danach wollen wir um den Faktor 10 hochskalieren. Das sollte innerhalb weniger Wochen möglich sein, denn dafür sind keine weiteren Innovationssprünge nötig, sondern nur ganz saubere, klassische Ingenieursarbeit, erklärt der ausgebildete Energie- und Prozessingenieur.

Skalierung spielt bei Reverion auch personell eine große Rolle: Innerhalb von zwei Jahren ist aus einem ursprünglich fünfköpfigen Team ein Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden geworden. Den Anstoß zu Reverion gab Dr. Stephan Herrmann, der am gleichen Lehrstuhl wie Fischer promovierte. Fischer erinnert sich: Uns war klar, Solaranlagen allein reichen nicht für die Energiewende. Da ist eine Lücke, die wir schließen müssen. Herrmann und Fischer verspüren den Drang, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
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