Aktuell fördert SPRIND zwei vielversprechende Start-ups, die Kernfusion ermöglichen wollen: Focused Energy und Marvel Fusion. Die Unternehmen verfolgen unterschiedliche Ansätze, aber beide brauchen vor allem eines: intensive Laser.
Mit bisherigen Lasersystemen ist Kernfusion, die mehr Energie erzeugt, als für ihren Betrieb benötigt wird, kaum möglich. SPRIND hat daher die Tochter-GmbH Pulsed Light Technologies, kurz PLT, ins Leben gerufen. Die PLT wurde gegründet, mit dem Ziel, Lasersysteme zu entwickeln, die so gebaut sind, dass sie später einen kommerziell sinnvollen Kraftwerksbetrieb unterstützen können
, erklärt Antonia Schmalz, Geschäftsführerin der PLT und Innovationsmanagerin bei SPRIND.
Die Effizienz aktueller Laser ist bislang sehr gering. PLT strebt Lasersysteme mit einer Effizienz von mehr als zehn Prozent an, die mindestens zehn Lichtimpulse pro Sekunde ausstrahlen. Zehn Hertz wären ein gewaltiger Fortschritt und sind auch nötig, um einen sinnvollen Kraftwerksbetrieb aufrechtzuerhalten
, sagt Antonia Schmalz.
Das Unternehmen Focused Energy benötigt für seine Forschung einen Kompressionslaser und einen Zündlaser. Es will eine Brennstoffkugel von allen Seiten mit Laserpulsen bestrahlen, um sie zu komprimieren. Ein zweiter, kürzerer Laserstrahl soll Protonen beschleunigen und den komprimierten Brennstoff entzünden. Den dafür benötigten Nanosekundenlaser und Pikosekundenlaser entwickelt PLT gemeinsam mit dem Unternehmen und weiteren Partnern bis 2028.
Marvel Fusion hingegen benötigt einen Femtosekundenlaser. Das Unternehmen verfolgt einen unkonventionellen Ansatz: Es will einen nanostrukturierten Festkörper nutzen. Das Laserlicht trifft auf den Festkörper, dringt ein und läuft im Inneren eine stabähnliche Struktur entlang. Dabei stößt der Laserstrahl Elektronen aus dem Weg. Zurückbleiben die schwereren, positiv geladenen Atomkerne, die durch das entstehende elektrische Feld hinter den Elektronen hergezogen werden. Aufgrund eines ringförmigen Aufbaus prallen die schweren Ionen dabei so auf den eingelagerten Brennstoff, dass dieser komprimiert wird und eine Fusionsreaktion stattfinden kann. Bereits 2026 könnten die ersten Tests mit dem PLT-Laser anlaufen.
Trotz der geplanten Laser-Entwicklung ist ein Kernfusionskraftwerk noch in weiter Ferne: Was bei uns entstehen wird, sind nur Demonstratoren einer zentralen Kraftwerkskomponente. Demonstratoren, die aber natürlich möglichst viele Aspekte der Technologie schon zeigen sollen, die später für das Kraftwerk relevant sind
, erklärt Antonia Schmalz. Bereits eine größere Demoanlage würde je nach Fusionsansatz 10 bis 100 Lasersysteme benötigen. Ein tatsächliches Kraftwerk um die 500.
Wenn man bedenkt, dass bereits ein einzelnes Lasersystem aktuell etwa 70 Meter lang ist und auch nach den Entwicklungen der PLT noch ein bis zwei Schiffscontainer groß sein wird, werden die Dimensionen deutlich.
Weltweit gibt es bislang gar keine Fertigungskapazitäten, um innerhalb von ein bis zwei Jahren eine richtige Demoanlage aufzubauen
, erzählt Antonia Schmalz. Und nicht nur an den technischen Fertigungskapazitäten mangelt es, sondern auch am Geld: Eine Demoanlage würde etwa 800 Millionen bis eine Milliarde Euro kosten. Doch die Finanzierung steht aus und verursacht ein Henne-Ei-Problem
, sagt Antonia Schmalz und er läutert: Solange nicht klar ist, ob eine solche Anlage finanziert wird, wird auch niemand in der Lieferkette Geld in die Hand nehmen, um sowohl die Entwicklung voranzutreiben als auch die nötigen Kapazitäten aufzubauen.
SPRIND und die PLT versuchen, das Dilemma zu lösen, indem sie sich auch auf politischer Ebene für die Finanzierung einer Demoanlage einsetzen. Wir wollen nicht nur das Geld beschaffen, sondern auch das Ökosystem mit aufbauen
, erklärt Antonia Schmalz. Denn das primäre Ziel der PLT ist die Entwicklung von Lieferketten rund um das künftige Kernfusionskraftwerk.
Von den Entwicklungen der PLT würde nicht nur die Fusion profitieren. Die verschiedenen Lasersysteme haben noch sehr viele andere Anwendungen
, schwärmt Antonia Schmalz, die selbst promovierte Physikerin ist. Man könnte zum Beispiel über verschiedene Mechanismen Strahlen von hochenergetischen Teilchen, wie Elektronen oder Neutronen erzeugen sowie intensive Röntgenstrahlen. Für die Diagnostik und Bestrahlung von Krebs, aber auch für verschiedene Materialuntersuchungen gäbe es viele Einsatzmöglichkeiten.
Als mögliche Standorte für eine solche Demoanlage und ein künftiges Fusionskraftwerk kommen zum Beispiel die Gelände alter Atom- oder Kohlekraftwerke infrage. Das hat mehrere Vorteile: Zum einen käme man den ehemaligen Betreibern entgegen, denn die müssten die Atomkraftwerke sonst eigentlich komplett zurückbauen, zum anderen könnte man von vorhandenen Strukturen profitieren
, erklärt Antonia Schmalz und führt aus: Die Anlagen bieten Platz und mehr als genug Sicherheitsvorkehrungen. Das Risikoprofil eines Fusionskraftwerks ist drastisch entspannter als das eines Kernspaltungskraftwerks. Und dann wäre natürlich auch die Anbindung ans Stromnetz schon vorhanden.
Es ist sinnvoll, schon heute darüber nachzudenken, was am Ende für ein Fusionskraftwerk benötigt wird und zur Verfügung stehen muss. Wenn ich warte, bis technologisch alles demonstriert ist, und erst dann anfange, entsprechende Kapazitäten und Lieferketten aufzubauen, ist das keine gute Idee, weil wir dann zu langsam sind
, sagt Antonia Schmalz. Denn selbst wenn das erste Fusionskraftwerk am Ende nicht in Deutschland stehen sollte, könnte sich die vorausschauende Planung auszahlen: Wir haben in Deutschland eine sehr starke Industrie, sowohl auf der Optik als auch auf der Laserseite. Das gilt im Übrigen auch für die Technologien der Magnetfusion. Eine breite Unterstützung dieser Industrie ist wichtig, nicht nur um die Fusionstechnologie selbst zu nutzen, sondern auch um weltweit liefern zu können.
Mehr Informationen zu PLT: pulsed-light.org