DAS ENDE DES BRENNOFENS

Blaues Licht statt fossiler Brennstoffe

Eigentlich wollte Lukas Porz während seiner Promotion die Eigenschaften von Keramiken verändern, indem er sie schneller erhitzt. Das Experiment scheiterte, seine Keramiken blieben unverändert. Doch Lukas Porz ging ein Licht auf: Er entdeckte, dass er Keramik innerhalb von wenigen Sekunden erhitzen kann, anstatt sie stundenlang im Brennofen zu brennen – durch blaues Licht.

Brennöfen haben eine jahrtausendealte Tradition. Sie werden zum Teil mit Wasserstoff, vor allem aber mit fossilen Brennstoffen wie Kohle und Gas befeuert. Diese Heizprozesse verursachen mehr als 10 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen – eine Klimakatastrophe. Hinzu kommt: Der Verbrennungsprozess ist energetisch ineffizient. Denn in den Brennöfen werden nicht nur Keramik, Stahl, Zement oder Glas erhitzt, sondern auch die gesamte Umgebung – dabei geht viel Energie verloren.

Wird Keramik mit blauem Licht bestrahlt, absorbiert es die Licht- und UV-Strahlen fast komplett. Innerhalb weniger Sekunden wird die Keramik erhitzt, alles andere bleibt kalt. Die Energie wird also nur dort genutzt, wo sie auch gebraucht wird und eine aufwändige Isolierung ist nicht mehr nötig. In Infrarot-Öfen wird Strahlungswärme bereits genutzt. Blaues Licht wird jedoch deutlich besser als rotes absorbiert, wodurch Geschwindigkeit und Effizienz sprunghaft steigen.

Illustration: Unterschiede der Strahlungswärme im Einsatz

Im Mai 2022 stellte Lukas Porz zusammen mit seinem Studienkollegen Michael Scherer seine Idee der SPRIND vor. Kein Jahr später gründeten sie gemeinsam mit dem industrieerfahrenen Miltiadis Vlachos die ILLUTHERM GmbH.

Mittlerweile besteht das Team aus sieben Personen und auch die Visionen sind größer geworden: ILLUTHERM will nicht nur den Brennprozess von Keramik revolutionieren, sondern auch Metalle, Glas und Zement mit blauem Licht erhitzen, um die hohen CO₂-Emissionen in der Industrie zu reduzieren.

Die größte Herausforderung war und ist dabei zunächst die Entwicklung der LED-Technologie. Das Ziel war zunächst, mit blauen LEDs Materialien auf 1000 Grad zu erhitzen. Ein Jahr später schaffte der ILLUTHERM-Prototyp schon 1400 Grad.

Das Testen von neuen Anwendungen geht zum Glück schnell: Probe rein, Knopf drücken, 10 Sekunden warten, abkühlen lassen, rausholen, fertig. Ein Test kann in weniger als einer Minute durchgeführt werden. Durch den stark beschleunigten Brennprozess können daher viele Tests in kurzer Zeit durchgeführt werden.

Der ILLUTHERM-Prototyp ist ungefähr so groß wie eine Mikrowelle und lässt sich mitsamt seinen Komponenten im Kofferraum transportieren. Er eignet sich zum Erhitzen von kleinen Materialteilen. Ein solches Gerät kann zum Beispiel zum Brennen von kleinen Keramikteilen wie z.B. Zahnimplantaten verwendet werden: Als Zahnärzt/in könnte man so in kürzester Zeit die Implantate direkt in der Praxis brennen und dadurch wertvolle Zeit einsparen.

Langfristig will ILLUTHERM vor allem dort ansetzen, wo es am dringendsten nötig ist: In der energieintensiven Industrie. Da die ILLUTHERM-Technologie skalierbar ist, kann sie gut in industriellen Heizprozessen eingesetzt werden. Und da der Strom für die blauen LEDs aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden kann, ist das Verfahren besonders klimafreundlich. Mehr noch: Die Schnelligkeit des Verfahrens erlaubt es, den Stromverbrauch an die minutenaktuelle Verfügbarkeit und den Preis von grünem Strom anzupassen. Das macht eine teure Energiespeicherung überflüssig.

Keramik in Sekundenschnelle zu brennen – statt wie sonst üblich in Stunden oder sogar Tagen – allein das ist ein bahnbrechender Fortschritt. Doch für ILLUTHERM ist dies erst der Anfang.

Das Ziel lautet: Blaues Licht statt fossiler Brennstoffe in der Industrie.

ILLUTHERM Team
ILLUTHERM-Prototyp

SPRIND wird ILLUTHERM bei ihren weiteren Schritten mit ihren Netzwerken unterstützen: Die Technologie von ILLUTHERM hat das Potenzial, die energieintensive Industrie grundlegend zu verändern und den CO₂-Ausstoß deutlich zu reduzieren. Anstatt fossile Brennstoffe zu verbrennen, können Materialien wie Keramik, Metall, Glas und Zement mit blauem Licht erhitzt werden. Dieser Prozess ist nicht nur effizienter, sondern kann auch mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dadurch leisten die Innovationen von ILLUTHERM einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.

Mehr über ILLUTHERM: illutherm.com

Vom 22. April 2024

Was ist blaues Licht? Warum lassen sich damit Keramik, Stahl und andere Werkstoffe besonders energieeffizient erhitzen? Und wie könnten LEDs viele großindustrielle Produktionsprozesse dekarbonisieren? Unser Host Thomas Ramge spricht mit Prof. Dr. Lukas Porz, Co-Gründer des Darmstädter Startups ILLUTHERM.

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