Bisher gelingt es nur bedingt, Forschungsergebnisse erfolgreich in Wirtschaft und Gesellschaft zu übertragen. Die Transfer-Prozesse von Intellectual Property (IP) an deutschen Hochschulen sind in den meisten Fällen zu kompliziert und langwierig, um dem Bedürfnis von Gründungsteams nach schnellem Handeln und transparenten Prozessen gerecht zu werden. Es gibt weder einheitliche Lösungen (Blaupausen) für die unterschiedlichen Übertragungskonstellationen, noch verfügen Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen über einheitliches Know-how im IP-Transfer.
Ausgründungsprozesse sind dadurch regelmäßig von Unsicherheiten bis hin zu Konflikten zwischen Gründungsteams und Technologietransfereinheiten der Hochschulen geprägt. Denn der Fokus dieser Einrichtungen liegt in erster Linie auf rechtssicheren Prozessen und Verträgen sowie auf kurz- und mittelfristigen Rückflüssen.
Nicht selten verhindert dies Ausgründungen oder zwingt Gründungsteams dazu, sich auf Konditionen mit hohen finanziellen Folgelasten einzulassen. Dadurch werden Finanzierungen für Risikokapitalgeberinnen und -geber unattraktiv und Wachstumspotenziale potenzieller Ausgründungen werden nicht genutzt. Langsame und wenig transparente Transferprozesse schmälern zudem den Entwicklungsvorsprung der Ausgründung und hemmen die Motivation der Gründungsteams.
"IP-Transfer 3.0 – Neue Wege im IP-Transfer" ist ein gemeinsames Pilotprogramm der SPRIND, des Stifterverbandes und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung. Unterstützt wird die Initiative außerdem von niedersachsen.next-Startup. Die Experimentiergemeinschaft bestehend aus 17 Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Forschungsverbünden ist vereint in der Ambition, den IP-Transferprozess bei Ausgründungen grundlegend zu vereinfachen, zu beschleunigen und mit Blick auf den zukünftigen Erfolg des neuen Unternehmens zu gestalten.
Die Projektpartner haben gemeinsam mit der IP-Transfer 3.0-Pilotgruppe sowie externen Expertinnen und Experten eine erste Version des IP-Transfer 3.0 „Transfer-Taschenmessers“ entwickelt. Dieses möchte die bestehenden Herausforderungen adressieren und sowohl den Wissenschaftseinrichtungen als auch den Gründungsteams Werkzeuge an die Hand geben, um den IP-Transfer-Prozess an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen zukünftig zu beschleunigen und gleichzeitig transparent und rechtssicher zu gestalten.
(1) Empfehlungen zur Übersetzung der IP-Scorecard in ein IP-Transfer-Modell im forschungsbasierten Ausgründungsprozess
(2) IP-Wahl-O-Meter für Gründungsteams (Beta-Version)
(3) Internationale Praxis im Umgang mit IP-basierten Ausgründungen aus Wissenschaftseinrichtungen und Vergleich mit der Situation in Deutschland
(4) Musterverträge für Transfermodelle
Mehr erfahren: Transfer-Taschenmesser
Die AG Investorenakzeptanz führte im März und April 2024 eine Online-Befragung unter deutschen und internationalen Investor:innen zur Akzeptanz der Übertragung von Schutzrechten (v.a. Patenten) durch, insbesondere zu „IP gegen virtuelle Anteile“. Dabei wurde u.a. der Bekanntheitsgrad dieses Modells unter Investorinnen und Investoren im Frühphasensegment abgefragt sowie die Einschätzung zur Beschleunigung der Ausgründungsprozesse.
Zusammenfassung der Befragungsergebnisse:
An der Online-Befragung im Sommer und Herbst 2024 nahmen 118 Ausgründungen mit erfolgreichen oder erfolglosen Verhandlungen über die Nutzung von Intellectual Property (IP) mit Wissenschaftseinrichtungen teil. Sie stammen aus einer großen Anzahl an Hochschulen (Anteil 57,6 Prozent) und außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AUF, 48,3 Prozent), in Einzelfällen aus mehreren Einrichtungen. Kontaktiert wurden 667 Gründungen aus den Jahren 2017 bis 2023, darunter vermutlich viele, die Wissen und Forschungsergebnisse auch ohne Vertrag nutzen konnten oder mit anderem Ursprung der Geschäftsbasis. Dazu lagen vorab keine Daten vor. Die Antworten der 118 Ausgründungen zeigen eine hohe Komplexität nach Vertragsinhalten und Prozessbeteiligten, eine meist sehr lange Zeitdauer bis zum Vertragsabschluss und eine weitverbreitete Unzufriedenheit mit dem Prozessablauf. Für Hochschulen und AUF ergibt sich ein sehr ähnliches Bild.
WEITERE MATERIALIEN UND QUELLEN
Im Rahmen der Arbeit für das Transfer-Taschenmesser wurde außerdem ein Policy Paper zu neuen Wegen im IP-Transfer an deutschen Wissenschaftseinrichtungen erstellt. In diesem Paper werden Handlungsempfehlungen für die Politik zusammengefasst und die einzelnen Elemente des Transfer-Taschenmesser aufgegriffen. Das Policy Paper ist eine gemeinschaftliche Veröffentlichung der Projektpartner im Projekt ‘IP-Transfer 3.0 – Neue Wege im IP-Transfer".
Rückfragen und Feedback zum IP-Transfer 3.0 „Transfer-Taschenmesser“ können Sie gerne an den Stifterverband senden.