Mit SPRIND wurde im letzten Jahr eine Agentur im Besitz der Bundesrepublik zur Findung und Förderung von Sprunginnovationen geschaffen. SPRIND wurde als nicht-militärisches Pendant zur US-amerikanischen DARPA konzipiert, um Projekte und Themen zu finanzieren, die für eine Finanzierung aus dem privaten Sektor nicht in Frage kommen, weil deren kommerzielle Verwertung noch nicht planbar ist.
Unser Ziel ist es, dass erfolgreich angestoßene Sprunginnovationsprojekte mit ihrer Wertschöpfung auch hierzulande verbleiben – und nicht nach Übernahme durch ausländische Investor:innen aus Deutschland abwandern. Deshalb brauchen wir einen geschlossenen Finanzierungskreislauf für alle Phasen der Unternehmensentwicklung, gleichsam von der Krippe bis zum Börsengang/IPO/Exit
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Zu den Werkzeugen, die wir in Deutschland hierfür brauchen, gehören, neben Früh-, Mittel- und Spätphasen-Fonds (siehe unten A.1 – A.3), auch die Möglichkeit für einfachere Ausgründungen aus Universitäten und Instituten (B) sowie ein intakter Markt für Börsengänge und Exits (C) von noch recht jungen Firmen.
Viele dieser Themen sind bekannt – hier sind sie systematisch zusammengeführt.
Diese ist in Deutschland inzwischen international wettbewerbsfähig. Mit dem High-Tech Gründerfonds (HTGF) wurde ein erfolgreiches, öffentliches Frühphasenfinanzierungswerkzeug geschaffen, das private Akteur:innen sinnvoll unterstützt.
Hier gibt es einige Fonds in Deutschland, die es jedoch sehr schwer haben, Mittel in einer signifikanten Größe (>200 Mio. €) einzuwerben. In Deutschland gibt es nur wenige Investor:innen, die bereit sind, in deutsche Tech-Fonds zu investieren. Die Investor:innen, die dennoch in Technologieunternehmen investieren wollen, präferieren amerikanische Investitionsziele. Dort existiert ein etablierter Finanzierungskreislauf, der sich letztlich positiv auf die Renditen der Fonds auswirkt.
Ein neuer Dachfonds (Fund-of-Funds) könnte hier als Leuchtturm-Investor:in
größere Einlagen in Höhe von 10-100 Mio. Euro in neue Fonds bestehender VC-Gesellschaften tätigen. Mit diesem Rückenwind können dann weitere Gelder (Privat, EIF) eingeworben werden, um wettbewerbsfähige Mid-Stage-Fonds schnell in Deutschland entstehen zu lassen. Eine Liste potentieller Fonds-Kandidat:innen kann schnell ermittelt werden.
In Deutschland (und Europa) gibt es kaum lokale Spätphasen- und Private-Equity-Fonds. Es gibt nur Niederlassungen der ausländischen Fonds. Das bedeutet, dass hier etwas Neues geschaffen werden muss, mit ähnlichen Prinzipien des Verbleibs der Wertschöpfung in Deutschland. Deshalb wäre es sinnvoll, einen SPRIND-kompatiblen
Spätphasen-Fonds (Struktur analog zu HTGF, erheblich höhere Finanzierungsvolumina) aufzubauen. Erfahrene deutsche Expert:innen mit Finanzierungserfahrung in dieser Phase, die derzeit bei ausländischen Fonds tätig sind, gibt es reichlich. Es sollte nicht schwerfallen, bei marktkonformer Vergütung, ein Gründungsteam zu gewinnen. Dieses Vehikel muss auch in der Lage sein, Kapital aus weiteren Quellen einzuwerben, um das Geld des Bundes zu hebeln.
Ein Wasserfallmodell für die asymmetrische Risikoverteilung wäre hilfreich, doch man kann zunächst auch erproben, ob eine Risikopufferung für private Investor:innen überhaupt erforderlich ist. Dieser Fonds sollte eine Größe von mindestens 10 Mrd. anstreben und mittelfristig auf über 100 Mrd. anwachsen (siehe A.3.1).
Mehrere Billionen Euro liegen derzeit in Kapitalanlagegesellschaften deutscher Versicherer und Banken. Diese Finanzmittel produzieren einen Negativzins, da es einfach zu wenige mündelsichere
Anlagemöglichkeiten gibt. Sowohl die Rahmenbedingungen für die Anlagen als auch die fehlende Bereitschaft, Neues anzugehen, führen zu diesem volkswirtschaftlich problematischen Resultat.
Ähnlich wie in Frankreich könnten die Kapitalanlagegesellschaften dazu motiviert werden, einen relativ kleinen Prozentsatz des Anlagevermögens zu investieren. Dies kann über den neu zu schaffenden Spätphasen-Fond (A.3) und den Fund-of-Funds (A.2, ähnlich bpifrance und Caisse des Dépôts in Frankreich) erfolgen.
Motivieren kann man die Gesellschaften durch entsprechende Gesetze (Französisches Modell) und/oder durch Garantien des Bundes, z. B. die Garantie, das investierte Kapital immer zu Libor-Konditionen abzusichern, also einen Verschlechterungsschutz zu garantieren (Risikofaszilitäten). Da Spätphasenvehikel in der Regel profitabel sind, ist das Garantie-Eintrittsrisiko recht gering.
Hiermit wäre es möglich, ein Fondsvolumen zu schaffen, das es mit den im Weltmarkt führenden Akteur:innen (Softbank Vision Fund, Singapur & Norwegen Staatsfonds, China) aufnehmen kann.
Leider sind die Ausgründungs- und Lizenzierungsbedingungen unserer wissenschaftlichen Institute und Universitäten häufig für die Gründer:innen so belastend, dass gar nicht erst gegründet wird. Oder es ist als direkte Folge dieser Belastung eine Finanzierung nur sehr langsam und unter schlechten Bedingungen zu bekommen. Es ist davon auszugehen, dass bei einer drastischen Vereinfachung und einer hohen Standardisierung des Modells die Menge und der Erfolg der Neugründungen sprunghaft ansteigen würde. Für den Transfer sollte im Normalfall eine stille, atypische Beteiligung von vielleicht 2-3% der Anteile an den Ausgründungen als Abgeltung gefordert werden. Ziel ist es, an besonders erfolgreichen Ausgründungen viel Geld zu verdienen; Gründungswillige aber auf keinen Fall bei der Ausgründung zu behindern.
Auch wenn sich die Exit-Situation, d.h. der Verkauf von Unternehmen an deutsche Käufer:innen, von 46% auf 52% leicht gebessert hat, ist die Situation besonders in Sachen Börsengang in Deutschland oder Europa nach wie vor schlecht.
Seit dem Zusammenbruch des Neuen Marktes 2001 hat sich die Situation nicht mehr erholt. Börsengänge für mittelgroße Tech-Unternehmen (10-100 Mio. Umsatz, kleiner 1 Mrd. Marktkapitalisierung) sind praktisch nicht erfolgreich möglich. Da es keinen Mittel- und Spätphasenfonds gibt, ist es für deutsche Unternehmen sehr schwierig, ausreichend groß für einen IPO zu werden. Hier ist der Finanzierungskreislauf vollständig unterbrochen.
Es sollte, am besten zusammen mit Euronext / Frankreich und vielleicht auch mit den skandinavischen Börsen, eine Initiative gestartet werden, eine gemeinsame, europäische Börse mit ausreichend Liquidität zu schaffen. Hierzu hat es vereinzelt schon Versuche gegeben, die jedoch versandet sind. Dieser Faden sollte dringend wieder aufgenommen werden. Bereitschaft dafür bestünde bei den genannten Akteur:innen auch weiterhin.
Ohne einen geschlossenen Finanzierungskreislauf, von der Unterstützung für das frühe Startup / Sprunginnovationsprojekt / Ausgründung bis zum börsennotierten Unternehmen, sind die vielen sinnvollen, aber oft entkoppelten Finanzierungswerkzeuge nicht immer so effektiv, wie sie angesichts der eingesetzten Mittel sein sollten. Weitere Aktivitäten in diesem Umfeld sollten sich auf das Schließen dieser Lücken und Schaffen eines vollständigen Ökosystems konzentrieren.