WIE DIAMANTEN DAS UNSICHTBARE SICHTBAR MACHEN

Quantum Diamonds misst Magnetfelder mit Diamanten aus – wie das funktioniert, warum diese Messungen für Halbleiter-Hersteller wichtig sind und wie Quantum Diamonds neue Maßstäbe in der bildgebenden Mikroskopie setzt, erklärt CTO Dr. Fleming Bruckmaier im Interview.

WAS UNTERSCHEIDET EURE DIAMANTEN VON ANDEREN KÜNSTLICHEN DIAMANTEN?

Normale Diamanten bestehen aus Kohlenstoffatomen, die in einer kristallinen Gitterstruktur angeordnet sind. Bei unserem Herstellungsprozess tauschen wir ein Kohlenstoffatom gegen ein Stickstoffatom aus und entfernen ein benachbartes Kohlenstoffatom. Diese Kombination aus Stickstoffatom und Leerstelle im Diamanten-Gitter bezeichnet man als Nitrogen-Vacancy Center, kurz NV-Zentrum. Ein NV-Zentrum kann dazu genutzt werden, Elektronen einzufangen, deren Eigenschaften für Quantenmesstechnik hergenommen werden kann. Normalerweise interagieren Elektronen ständig mit ihrer Umgebung, aber die umgebende Diamanten-Struktur isoliert die Elektronen, sodass sie nur mit unseren Proben interagieren können. Das ermöglicht es, den Quantenzustand der Elektronen effektiv zu bestimmen.

WAS VERRÄT EUCH DER QUANTENZUSTAND EINES ELEKTRONS?

Wir schauen uns den sogenannten Elektronenspin an. Dieser wird durch Magnetfelder beeinflusst. Wir können sehr genau sagen, wo sich ein Magnetfeld befindet und wie stark es ist, denn in jedem Diamanten befinden sich Millionen NV-Zentren, die wir gleichzeitig optisch auslesen. Wir machen Magnetfelder also wirklich sichtbar.

WIE DAS?

Unser Diamant fluoresziert. Wir bestrahlen ihn mit einem grünen Laser und die NV-Zentren leuchten rot auf. Durch den grünen Laser geben wir Energie in die NV-Zentren, und die NV-Zentren lassen die Energie wieder frei in Form von rotem Licht, welches wir mit einer Kamera aufzeichnen. Die entscheidende Frage ist, wie hell oder dunkel ist das rote Licht? Denn die Helligkeit des roten Lichts ermöglicht es uns, Rückschlüsse bezüglich des Magnetfeldes zu ziehen. Und nicht nur das. Mit der NV-Sensorik können wir auch anderes messen, zum Beispiel sehr genaue Temperaturen.

Quantum Diamonds
Die Gründer von Quantum Diamonds: Kevin Berghoff und Fleming Bruckmaier

WOFÜR WERDEN EURE DIAMANTEN-SENSOREN EINGESETZT?

Aktuell konzentrieren wir uns vor allem auf die Fehleranalyse von Halbleitern. Wenn ein Unternehmen einen neuen Chip entwickelt, der nicht funktioniert, können wir ihn mit unserem Diamanten-Sensor untersuchen. Das Ergebnis ist ein Bild, auf dem wir hochauflösend das magnetische Feld darstellen können. Dadurch kann man ganz genau nachvollziehen, wie der elektrische Strom innerhalb des Halbleiters fließt bzw. sieht, an welcher Stelle es ein Problem gibt. Für die Fehleranalyse ist es wichtig, einen optischen Zugang zur Problemstelle zu bekommen. Mit einem normalen Mikroskop kann man nicht durch die Metallschichten des Chips durchschauen. Magnetfelder durchdringen aber alles durch und durch. Mit unserer Methode können wir also Ströme und Probleme sichtbar machen, die ansonsten unsichtbar wären.

DAS HEISST, UNTERNEHMEN SCHICKEN EUCH HALBLEITER-CHIPS ZUR FEHLERANALYSE ZU?

Ja, zurzeit erfolgt die Fehleranalyse als Serviceleistung in unserem Labor. 2025 werden wir jedoch auch ein Quantum Diamonds Microscope zum Verkauf anbieten. Damit können die Unternehmen die Fehleranalyse selbst bei sich durchführen. Gleichzeitig wollen wir ein Produkt für die Qualitätskontrolle an den Fertigungslinien entwickeln. An der Fertigungslinie geht es nicht um eine detaillierte Fehleranalyse, sondern um die Frage, funktioniert der Chip oder nicht? Gemeinsam mit verschiedenen Fraunhofer-Instituten wollen wir an einer möglichst schnellen Messung arbeiten. Unser Ziel ist es, gegen 2028 ein Produkt auf den Markt zu bringen, das dann in der Produktionslinie stehen kann. Der Markt für die Fehleranalyse ist groß, aber der Markt für die Fertigung ist noch größer und wächst ständig. Das wäre für uns ein Riesensprung, wenn wir das schaffen.

QUANTUM DIAMONDS BIETET NICHT NUR DIE MESSUNG VON MAGNETFELDERN UND TEMPERATUREN AN, SONDERN AUCH WIDEFIELD-IMAGING. WAS BEDEUTET DAS?

Wenn ich ein sehr kleines Objekt bildgebend messen will – also quasi ein vergrößertes Foto davon machen möchte –, habe ich normalerweise zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist: Ich schaue durch ein normales Mikroskop. Dabei sehe ich das ganze Objekt auf einmal – das ist im Grunde die Definition von Widefield-Imaging. Die Auflösung meines Bildes ist jedoch begrenzt. Wenn ich eine bessere Auflösung haben möchte, kann ich die zweite Möglichkeit nutzen: Ich scanne nacheinander viele Punkte des Objekts – quasi Pixel für Pixel. Das Ergebnis ist hochauflösender, aber das Verfahren ist zeitintensiv. Es kann Tage bis Wochen dauern, bis das komplette Objekt abgescannt ist. Wir haben bei Quantum Diamonds eine Widefield-Möglichkeit gefunden, mit der man direkt eine sehr gute Auflösung aufnehmen kann.

Quantum Diamonds
Quantum Diamonds
Quantum Diamonds

DAS BEDEUTET KONKRET?

Widefield Imaging ist normalerweise auf eine Auflösung von 500 Nanometern beschränkt. Das hört sich sehr klein an, aber ein Halbleiter hat Strukturen, die noch viel kleiner sein können. Zum Vergleich: Die klassische Scanmethode kommt auf eine Auflösung von 30 Nanometern. Das ist zwar deutlich kleiner, aber ich kann damit kein sehr großes Sichtfeld überblicken bzw. das komplette Scannen würde extrem lange dauern. Die Finanzierung der SPRIND haben wir genutzt, um eine hemisphärische Diamentenlinse herzustellen, die das Licht so bündelt, dass wir eine Auflösung von 180 Nanometern erreichen, bei einer Messdauer von 10 Minuten. Diese Auflösung ist für die Halbleiterindustrie sehr interessant, denn wir decken einen Zwischenbereich zwischen den anderen beiden Methoden ab. Wenn es ein Problem auf dem Chip gibt, sehen wir die Problemstelle entweder direkt, oder wir können zumindest den Fehlerbereich eingrenzen, so dass nur der relevante Bereich gescannt werden muss – dadurch wird die Fehleranalyse extrem beschleunigt.

WAS MOTIVIERT EUCH PERSÖNLICH BEI DER ARBEIT?

Ich mag Physik, ich mag technische Dinge und ich denke gerne über Sachen nach. Aber mir war immer eine Anwendung dahinter wichtig und es ist toll zu sehen, wie unsere Messungen funktionieren. Durch die SPRIND-Finanzierung sind unsere Fortschritte rasant geworden. Manchmal ist man ganz im Alltag versunken, man löst ein Problem, das gerade existiert und es kommt einem langsam vor, aber dann denkt man einen Monat zurück, ein halbes Jahr zurück und dann merkt man schon: Wow, der Fortschritt ist eigentlich super schnell. Und das ist wirklich das, was ich gerade am coolsten finde.

Mehr über Quantum Diamonds: www.quantumdiamonds.de

Quantum Diamonds
Send Email
LinkedIn
Instagram
Youtube
X (Twitter)
Newsletter
Für die Anmeldung zum SPRIND Newsletter gelten die aktuellen Datenschutzhinweise.
SprinD GmbH, Lagerhofstr. 4, 04103 Leipzig, info@sprind.org