DIE EUDI-WALLET SOLL LANGFRISTIG EINE VERTRAUENSWÜRDIGE PLATTFORM FÜR DIGITALE IDENTITÄT WERDEN. WARUM LOHNT ES SICH, SCHON HEUTE DIE TECHNOLOGISCHE ZUKUNFT MITZUDENKEN?
Arne Petersen: Wir leben in einer Zeit, in der sich Technologie rasant verändert. Wenn wir heute ein Produkt wie die EUDI-Wallet entwickeln, müssen wir sicherstellen, dass es auch in zehn oder 20 Jahren noch relevant bleibt. Das bedeutet: Wir dürfen die Wallet nicht nur als App verstehen, sondern als Grundlage einer neuen digitalen Infrastruktur.
Unser Ziel ist es, den Bürger:innen ihre Datensouveränität zurückzugeben. Heute sind Daten der Rohstoff großer Tech-Plattformen – wir geben sie preis, andere verdienen damit Geld. Mit der EUDI-Wallet wollen wir dieses Prinzip umkehren. Die Wallet steht für einen europäischen Ansatz, der auf Transparenz, Offenheit und Selbstbestimmung setzt.
Christian Zöllner: Langfristige Perspektiven entstehen, wenn wir uns nicht nur die nächsten fünf oder zehn Jahre vorstellen, sondern überlegen, wie die Welt in 30 Jahren aussehen könnte. Im Design nutzen wir dafür die Backcasting
-Methode: Wir entwerfen ein Zukunftsbild und überlegen dann, welche Schritte dorthin geführt haben könnten.
Es geht darum, aktuelle Probleme zu lösen und gleichzeitig zukünftige Möglichkeiten mitzudenken. Identität ist zutiefst menschlich, und Vertrauen war immer die Grundlage gesellschaftlichen Zusammenhalts. Deshalb ist es entscheidend, jetzt zu klären, wie wir Vertrauen und Identität im digitalen Zeitalter sichern. Die EUDI-Wallet kann ein Werkzeug sein, das Menschen auch in einer von KI geprägten Welt souveräne Handlungsspielräume bewahrt.
WIE HELFEN DIE SPEKULATIVEN SZENARIEN DER STUDIERENDEN, HERAUSFORDERUNGEN WIE DEEPFAKES ODER SYNTHETISCHE IDENTITÄTEN FRÜHZEITIG ZU ERKENNEN?
CZ: Spekulatives Design ermöglicht es, Zukunft zu denken, ohne sie sofort technisch beweisen zu müssen. Die Studierenden haben drei Szenarien entwickelt: eine fast technikfreie Welt, eine radikal hochtechnisierte Gesellschaft und eine Bio-Tech-Welt, in der Technologie organisch in Zellen eingebettet ist. Diese Szenarien schaffen Räume für Reflexion und Diskussion. Statt funktionaler Produkte entstehen Diskursprototypen – Objekte, die Geschichten erzählen und Debatten anstoßen. Sie helfen, komplexe Entwicklungen greifbarer zu machen. Design kann Fragen visualisieren, die sonst abstrakt bleiben würden.